Who Cares ist eine App der Gruppe „Feministischer Streik Berlin“, mit der Menschen die Zeit messen können, die sie mit Care-Arbeit verbringen. Anschließend wird die Zeit in Gehalt umgerechnet. Warum das sinnvoll sein kann? Die nächsten Bilder können dazu Einblicke verschaffen:
Um die App kennenzulernen, zu testen und mich mit dem Thema Care-Arbeit in meinem eigenen Leben auseinanderzusetzen, habe ich ein drei-tägiges Experiment gestartet. Über den Verlauf und meine Gedanken dabei könnt ihr hier lesen.
Tag 1:
Morgens:
Ich lade mir die App herunter und fange direkt mal an, sie zu erkunden. Es gibt die Startseite, auf welcher ich meine Zeit stoppen kann, je nachdem, welcher Tätigkeit ich gerade nachgehe. Diese Zeit wird dann umgerechnet in ein Gehalt, was ich bekommen würde, wenn Care Work keine unbezahlte Arbeit wäre. Außerdem kann ich mir Statistiken ansehen, mit welchen Tätigkeiten ich wie viel Zeit verbringe. Da steht natürlich noch nichts, weshalb vor allem die letzte Seite der App meine Aufmerksamkeit auf sich zieht: Hier wird mir erklärt, was Care-Arbeit ist, was sie wert ist und wie die Care-Arbeit der Zukunft aussehen könnte.
Abends:
Der Tag neigt sich dem Ende zu und die Nutzung der App hat mich heute auf viele Fragen stoßen lassen: Was ist denn eigentlich genau emotionale Arbeit? Ist es schon das Gespräch mit einem Freund, der mich um Rat bittet, oder ist es z.B. nur die Arbeit mit Kindern oder zu pflegenden Angehörigen? Wie lassen sich all die kleinen Handgriffe in meinem Alltag bemessen, in denen ich „mal eben“ aufräume, hier und da etwas sauber mache und Absprachen treffe, um den gemeinsamen Alltag zu organisieren? So schnell kann ich mein Handy nicht zücken, um diese Kleinigkeiten aufzuzeichnen. Ich schaffe es nur, größere Intervalle, die ich in eine bestimmte Aufgabe investiere, aufzuzeichnen. Dabei muss ich ehrlich sein: Oftmals vergesse ich, zu Beginn einer Tätigkeit die App zu benutzen und messe dadurch erst später los. Am Ende des Tages ist es dennoch spannend, auf die Statistiken zu schauen und auf diese Zahl, die mir sagt, was ich verdient hätte, wenn diese Arbeit finanzielle Wertschätzung erfahren würde.
Tag 2:
Morgens:
Ich möchte es nochmal genauer wissen und schaue mir in der App die Beschreibungen der einzelnen Tätigkeiten an: Während Aufgaben im Haushalt wie Putzen, Kochen, Aufräumen noch am Sichtbarsten und Greifbarsten sind, sind die Tätigkeiten Management und Emotionale Arbeit eben solche, die noch öfter nicht betrachtet werden. Management meint die Organisationsaufgaben innerhalb einer Familie, einem Haushalt oder auch einer WG (wie bei mir). Dabei kann sog. mental load entstehen. Das bedeutet, dass eine große Belastung davon ausgehen kann, das gemeinsame Leben im Blick zu haben, zu koordinieren, welche Person wann Zeit hat, welche gemeinsame Aktivitäten anstehen und wie darum herum die anderen wichtigen Aufgaben erledigt werden können. Auch in der emotionalen Arbeit kann es zu mental load kommen. Es geht hierbei darum, „Konflikte auszuhandeln, Gefühle und Bedürfnisse zu benennen, Kompromisse zu finden und für eine gewaltfreie Kommunikation zu sorgen“ (Who Cares, 2021).
Zwei weitere Kategorien gibt es: Kinderbetreuung und Pflege. Beide sind nicht Teil meines Lebens, könnten es aber irgendwann werden: Denn noch immer, werden diese Tätigkeiten vor allem von Frauen ausgeführt.
Abends:
Auch heute, war es nicht einfach, die Emotionale Arbeit und das Management zeitlich zu erfassen. Ich merke, dass es vor allem daran liegt, dass Gespräche oder Absprachen in der WG meist einfach so passieren und nicht vorher geplant sind. Beim Kochen oder Putzen nehme ich es mir in der Regel vor, dieser Tätigkeit nachzugehen und bewege mich aktiv darauf zu. Diese Erkenntnisse nehme ich mit in den dritten Tag.
Tag 3:
Morgens:
Als ich heute mein Handy anschaltete, bin ich seit 10 Stunden am Kochen, sagte mir die App. Auch das kann passieren, jedoch nicht wegen technische Fehler, sondern aufgrund eines hektischen Alltags, in dem manchmal schon die nächste Aufgabe ansteht, während eine andere noch nicht zu Ende ist, alles drunter und drüber geht und dann Kleinigkeiten vergessen werden. Meine Statistik ist nun natürlich gar nicht mehr aussagekräftig, aber darauf kommt es mir auch nicht mehr an.
Abends:
Das Experiment neigt sich dem Ende. Heute war es schon einfacher, meine Zeiten vom Kochen und Putzen zu messen. Doch bleibt natürlich immer ein Rest an Arbeit, der immer nebenbei in meinem Kopf geschieht, in Gespräche einfließt usw. Ich habe während der Tage viel über meine Care-Work reflektiert, aber auch gemerkt, wie viel mehr Care-Work andere Menschen dann noch haben müssen, da bei mir Pflege und Kinderbetreuung gar nicht vorkam. Außerdem fände ich es spannend, das Experiment noch einmal mit der gesamten WG durch zu führen, um zu beobachten, ob wir unsere Care-Arbeit gleichberechtigt aufteilen.
Hast du die App auch schon ausprobiert? Oder ist das gar nichts für dich? Hast du andere Wege, um deine Care-Arbeit im Blick zu behalten? Teile gerne deine Erfahrungen und Gedanken in den Kommentaren!
Quelle: Who Cares., (2021). WhoCares Team (Version 1.0.1) [Mobile app]. Play Store.